Traumatherapie –
Somatic Experiencing (SE)®
– Momentan befinde ich mich im zweiten Ausbildungsjahr der dreijährigen Weiterbildung zu SE –
Somatic Experiencing ist ein psychotherapeutisches Verfahren zur Behandlung von Traumata und traumatisierenden Erfahrungen. Ein Trauma kann durch einmalige oder länger andauernde Ereignisse entstehen, in denen ein Mensch in der frühen Kindheit, Jugendalter oder als Erwachsener seelisch, körperlich oder emotional überwältigt und beschädigt wurde.
Einzelfalltraumata entstehen durch ein einmalig traumatisierendes Ereignis, wie zum Beispiel ein Unfall, Gewaltangriff. Komplexe Traumata beschreiben das Erleben von immer wieder auftretenden traumatischen Ereignissen, die zwischenmenschlicher Natur sind. Darunter fallen zum Beispiel sexueller oder emotionaler Missbrauch, psychische sowie körperliche Gewalt und emotionale Vernachlässigung.
Traumata, die von wichtigen Bezugspersonen verursacht wurden (Elternteil, Familienangehörige, Partner*in), weil sie uns entweder den Schutz, den wir gebraucht hätten, nicht geben konnten oder sie diejenigen waren, vor denen wir Schutz gebraucht hätten, können zu tiefgreifenden Verletzungen und Beeinträchtigungen führen. Solche Traumata können dazu führen, dass eine Person kein grundlegendes Sicherheitsgefühl erlebt, den eigenen Selbstwert infrage stellt und ein Gefühl der Sinnlosigkeit gegenüber dem eigenen Leben empfindet.
Wenn wir einem stressvollen Ereignis ausgesetzt sind, aktiviert unser Nervensystem automatisch Schutz-und Überlebensreaktionen, damit wir die Situation bewältigen können. Ist das Ereignis überstanden, kehrt unser Nervensystem wieder in den ruhigen und sicheren Zustand, in dem wir entspannt und sicher sein können. Nach Somatic-Experiencing entsteht ein Trauma dann, wenn unser Nervensystem von einem oder mehreren traumatischen Ereignissen überwältigt wird, durcheinandergerät und der ruhige und sichere Zustand nicht wiederhergestellt werden kann. Wenn das unbehandelt bleibt, kann unser Nervensystem in einem anhaltenden Stresszustand bleiben. Dieser anhaltende Stresszustand kann sich durch eine immer wieder auftretende plötzliche Aktivierung unseres Nervensystems zeigen (z.B. Panikattacken, Wut- oder Weinanfälle, Schmerzen etc.).
Unbehandelt kann das aber auch zum „Normalzustand“ unseres Nervensystems werden: unsere Reaktionen auf alltägliche Situationen werden so gesteuert und bestimmt, als würden wir uns weiterhin in dem traumatischen Ereignis befinden. Das kann dazu führen, dass die Fähigkeit, eigene Gefühle wahrzunehmen, zu regulieren und auszuhalten, beeinträchtigt wird. Außerdem kann es zu einem negativen Selbstbild führen und die Art und Weise, wie wir mit der Umwelt und in Beziehungen interagieren, einschränken.
Solche und andere Folgen eines Traumas stehen bei Somatic Experiencing im Mittelpunkt der Therapie. Da diese Folgen von der eigenen Persönlichkeit, dem Hintergrund und den Lebensumständen bestimmt sind, äußern sie sich von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Sie sind oft auch nicht gleich als Traumafolgen zu erkennen. In Somatic Experiencing wird zunächst gemeinsam daran gearbeitet, den Folgen eines Traumas näher zu kommen und sie als solche zu erkennen. Sie zu akzeptieren bedeutet gleichzeitig auch, zu lernen, dass sie veränderbar und sogar auflösbar sind. In einer SE Sitzung wird nicht direkt an den traumatischen Ereignissen gearbeitet, um eine Retraumatisierung zu vermeiden. Die Arbeit an den Folgen eines Traumas findet in kleinen Schritten statt, um auftretende belastende Emotionen tragen und aushalten zu können. Der geschützte Raum und die Sicherheit durch das therapeutische Setting tragen dazu bei, sich dem anhaltenden Stresszustand des Nervensystems anzunähern. Gemeinsam wird belastendes Material neu verhandelt, sodass man davon nicht überwältigt wird, sondern die Erfahrung macht, es bewältigen zu können. Es werden Ressourcen aktiviert und neu geschaffen, um Reaktionen und Impulse, die im Nervensystem aufgrund des Traumas automatisch hervorgerufen werden, zu lindern oder gar aufzulösen.
Die Arbeit ist prozessorientiert. In diesem Prozess gilt es, langsam und behutsam zu arbeiten, um unser Nervensystem nicht zu überwältigen und neue Strategien und Ressourcen zu etablieren. Je nach Trauma, Person und Lebensumständen kann der Prozess mit der Arbeit von Somatic Experiencing unterschiedlich lange dauern.